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Die Freude so groß

Sagt Ihnen Mascha Kaleko was? Sie lebte in den 1990er Jahren und schrieb Gedichte, die das Leben und die Zeit beschreiben. Hartwin Schulz hat eines ihrer Gedichte für uns aufgeschrieben.

© pixabay

Liebe Leser,
beim Autofahren höre ich oft Nachrichten. Aber zur Zeit schiebe ich eine CD ein: Vertonte Gedichte von Mascha Kaleko. Die Sängerin Dota hat sich an ihre Texte Gewagt und schöne Lieder daraus erwachsen lassen. Mascha Kaleko starb im Jahr 1975 in Zürich. Für Sie und für mich und für uns alle zum heutigen Morgen eines ihrer wunderbaren Gedichte. Sie wird uns damit erfreuen:

Ich freu mich, dass am Himmel Wolken ziehen und 
dass es regnet, hagelt, friert und schneit. 
Ich freu mich auch zur grünen Jahreszeit, 
wenn Heckenrosen und Holunder blühen. 
Dass Amseln flöten und dass Immen summen, 
dass Mücken stechen und dass Brummer brummen. 
Dass rote Luftballons in Blaue steigen. 
Dass Spatzen schwatzen. Und dass Fische schweigen.

Ich freu mich, dass der Mond am Himmel steht und 
dass die Sonne täglich neu aufgeht. 
Dass Herbst dem Sommer folgt und Lenz dem Winter, 
gefällt mir wohl. Da steckt ein Sinn dahinter. 
Wenn auch die Neunmalklugen ihn nicht sehn. 
Man kann nicht alles mit dem Kopf verstehn! 
Ich freue mich. Das ist des Lebens Sinn. 
Ich freue mich vor allem, dass ich bin.

In mir ist alles aufgeräumt und heiter: die Diele blitzt. 
Das Feuer ist geschürt. An solchem Tag erklettert man die Leiter,
die von der Erde in den Himmel führt. 
Da kann der Mensch, wie es ihm vorgeschrieben – weil 
er sich selber liebt – den Nächsten lieben. 
Ich freue mich, dass ich mich an das Schöne und an das 
Wunder niemals ganz gewöhne. 
Dass alles so erstaunlich bleibt, und neu! 
Ich freu mich, dass ich … dass ich mich freu.