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Stolpersteine in Lobetal verlegt: Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt

Es war der 13. April 1942, als eine Gruppe von 10 Lobetalern, mit jüdischen Wurzeln zwei davon aus der Einrichtung Hoffnungsthal (Rüdnitz), aus Lobetal abgeholt wurden. Ziel war das Warschauer Ghetto. Die meisten von ihnen wurden Wochen später in Treblinka ermordet. Einige starben schon im Ghetto. 80 Jahre später fand eine Gedenkveranstaltung auf dem Dorfplatz statt.

Es waren bewegende Momente, als Angehörige der deportierten Lobetaler berichteten, welche Bedeutung dieser Gedenketag für sie hat. Einer der Angehörigen war Martin Stoelzel. Er sagte: „Ich bin Martin Stoelzel und ein Enkel von Hermann Feder und Sohn meiner Mutter seiner Tochter Beate Maria Stoelzel geb. Feder. Ich bin sehr berührt, wie Sie in Lobetal bis heute das Andenken wach halten an all jene, die verfolgt, deportiert und ermordet wurden.“

Die Gedenkveranstaltung wurde gestaltet von Schülerinnen und Schülern der Beruflichen Schule für Sozialwesen am Diakonischen Bildungszentrum in Lobetal.

Die Gedenkveranstaltung wurde gestaltet von Schülerinnen und Schülern der Beruflichen Schule für Sozialwesen am Diakonischen Bildungszentrum in Lobetal. In ihrem Spiel stellten ein Denkmal nach, das der Bildhauer Karl Biedermann erschaffen und den Titel gegeben hat: „Der verlassene Stuhl hinter dem leeren Tisch vor dem umgestürzten Stuhl.“  Die Skulptur steht seit 1996 am Koppenplatz in Berlin, wo in den 1930er Jahren ein Großteil der jüdischen Bevölkerung lebte. Es ist ein Denkmal für alle jüdischen Menschen, die in Berlin gelebt haben und damals im Zuge der Deportation in großer Eile ihr Zuhause verlassen mussten. Viele von wurden Konzentrationslagern ermordet.

Anschließend besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Orte, an denen sich die Wohnungen der deportierten Menschen befanden. An den dort verlegten Stolpersteinen stellten die Schülerinnen und Schüler die Biografien der ermordeten Menschen vor und legten Rosen nieder.

Schülerinnen und Schüler verlesen die Biografie und legen Rosen nieder wie hier im Gedenken an Dr. Feder.

Darunter verlasen Sie auch die Biografie des Großvaters von Martin Stoelzel. „Dr. Hermann Feder war ein evangelischer Christ mit Jüdischen Wurzeln. Geboren ist Dr. Hermann Feder am 25. August 1883 und lebte in Potsdam. Er war ein Familienvater und Ehemann. Dr. Hermann Feder war mit seiner Frau Charlotte Feder verheiratet. Sie war keine Jüdin und hatte mit ihm eine Tochter und einen Sohn. Zum Schutz seiner Familie hat er sich scheiden lassen und ist nach Lobetal gezogen. Seit dem 9. Dezember 1940 lebte er in Lobetal an der Alten Schmiede. Zu diesem Zeitpunkt war er 58 Jahre alt. In Potsdam hat er als Landgerichtsrat gearbeitet. In Lobetal arbeitete er als Gärtner. Er lebte 1 Jahr und 4 Monate in Lobetal und wurde am 13. April. 1942 deportiert. Er wurde nach Warschau ins Ghetto gebracht.“

Seit 1997 erinnert ein Gedenkstein an die Deportation, auch an die von Dr. Feder. Beate Maria Stoelzel geb. Feder hatte lange Jahre keine Kenntnis von einem Ort, der seinem Gedenken gewidmet war. Durch einen Gottesdienst, der aus Lobetal im Fernsehen übertragen wurde und durch eine Publikation von Lobetal erfuhr sie, dass es einen Ort des Gedenkens auf dieser Welt gab: Lobetal. Sohn Martin Stoelzel erinnert sich: „Dass jemand einen Ort seines Gedenkens eingerichtet hat, war ihr ein unendlich großer Trost in der nicht enden wollenden Trauer.“

Martin Stoelzel gab dem Leben seines Großvaters Dr. Hermann Feder ein Gesicht

An die Schülerinnen und Schüler gerichtet sagte er: "Ich bin sehr berührt, dass Sie heute hier sind und sich dem Gedenken der Verfolgten des Naziregimes widmen. Ihr seid ein Zeichen, dass es eine neue Generation in Deutschland gibt, die nicht blind für die Not anderer, sondern solidarisch ist mit denen, die sich selbst nicht ausreichend wehren können."

Auch der Bernauer Bürgermeister, André Stahl, würdigte das Engagement der jungen Menschen: „Die Veranstaltung zeigt, dass es auch in der jungen Generation die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit diesem Teil der deutschen Geschichte gibt.“

Zahlreiche weitere Gäste nahmen an der Gedenkfeier teil. So der stellvertretende Landrat des Landkreises Barnim, die Beauftragte für Erinnerungskultur der Evangelischen Landeskirche Marion Gardei und Simona Koß (SPD) Abgeordnete im Bundestag. Sie schrieb auf Facebook: „Die Veranstaltung gab den Opfern ein Gesicht, eine Geschichte.“

Carla Kniestedt erinnert sich an die deportierten Lobetaler mit jüdischen Wurzeln.

Die Grünen Politikerin Carla Kniestedt hielt ihre Eindrücke auf Facebook so fest: „Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Welt", so heißt das jüdische Sprichwort. Den hat Martin Stoelzel zitiert. Um diesen Satz, merke ich im Nachhinein, ging es heute die ganze Zeit in Lobetal. Nun gibt es Stolpersteine. Enkel und Urenkelin erzählten von ihren Angehörigen, Dr. Feder zum Beispiel, Jurist in Potsdam. Und wie dessen Tochter lebenslang die Angst nicht verlor...aber weiterlebte, Kinder bekam, so wie ihr Bruder auch. 15 Nachfahren hat Dr. Feder...“

Info:

Stolpersteine wurden gelegt für:

Ernst Simon Bischofswerder

Dr. Ernst Rosenstein

Ernst Flatow

Dr. Benno Bernstein

Arnoldt Kuznitzki

Dr. Hermann Feder

Meinhold Meyer

 

15.4.2022