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Fürstenwalde: Einmischen für Inklusion

Fürstenwalde: Einmischen für Inklusion

„Wir ermutigen die von uns begleiteten Menschen, sich in Kreativität, sozialen Begegnungen und ganz alltäglichen Aktivitäten auszuprobieren und dabei eigene Wege zu finden, und bieten eine umfassende, individuell abgestimmte Unterstützung.“ 

So steht es auf der Internetseite des Mobilen unterstützenden Teilhabedienst Fürstenwalde der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal. Der Fürstenwalder Karsten Becker ist der beste Beweis dafür, dass dies gelingt. „Vor einigen Jahren war nicht daran zu denken, mich für Menschen mit Handicap zu engagieren“, erzählt er. Dazu hatte er einfach keine Kraft. Sein Leben kam vor Jahren aus dem Tritt. Seitdem wird er von der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal begleitet, besser gesagt, von Heiko Reichmuth, seinem Assistenten und Bezugsbetreuer. Der stellte eines Tages die Frage: „Wie wäre es, bei der Lokalen Agenda Fürstenwalde mitzumachen? Und dort in der AG Menschen mit Handicap?". Das tat er und erfuhr so nebenbei von der Möglichkeit, sich als Volunteer bei den die Special Olympic World Games Berlin zu bewerben. „Das war eine Herausforderung“, erinnert er sich. Aber: „Ich habe es gewagt.“ Mit Erfolg! Er konnte sein Glück kaum fassen, als er seine Zusage erhielt. 

Special Olympic World Games: Das war wie Heimat in einer großen Familie

Also begab er sich nach Berlin. Der Catering-Bereich in der Messe war sein Einsatzgebiet. Plötzlich umgab ihn das internationale Flair. Unzählige Sportlerinnen und Sportler aus aller Welt traf er, schlug sich mit ihnen ab, unterhielt sich mit Händen und Füßen. „Sowas habe ich noch nie erlebt“ erzählt er mit feuchten Augen. „Ich habe Inklusion pur erlebt. Das war wie Heimat. Es war eine perfekte Mischung von Respekt und Wertschätzung, von Achtsamkeit und Begeisterung. Wir waren über Sprachgrenzen hinweg wie eine große Familie. Barrieren spielten keine Rolle.“ Das ist für ihn immer noch eine Quelle von Kraft und Motivation. „Mein Skill“, wie er sagt.

Dann kam der Tag des Abschieds. Es gab keine und keinen, der nicht geweint hat. Doch Karsten Becker hofft: „Vielleicht trifft man sich wieder bei den nächsten Special Olympics Winterspielen in Thüringen 2024.“ Wenn es irgendwie möglich ist, würde er dort gerne wieder als Volunteer arbeiten. 

Die Stadt Fürstenwalde war im Rahmen des Programms „LIVE – Lokal Inklusiv Verein(tes) Engagement“ gastgebende Stadt für die die Special Olympics. LIVE ist ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderte Pilotprojekt. Im Mittelpunkt steht der Auf- und Ausbau von inklusiven (Sport-) Strukturen im Sozialraum. Dabei ist das Besondere an dem Projekt, dass Menschen mit geistiger und psychischer Einschränkung aktiv in die Projektarbeit mit einbezogen werden. Dieses Programm endet zum 31.Dezember 2023. Doch damit es weitergeht, wurde in Fürstenwalde das Netzwerk inclusives Fürstenwalde gebildet. 

Der Fürstenwalder Karsten Becker ist der beste Beweis dafür, dass Inklusion gelingt.
Der Fürstenwalder Karsten Becker ist der beste Beweis dafür, dass Inklusion gelingt.

Feste und Veranstaltungen barrierefrei und inklusiv

 An diesem Netzwerk sind viele Initiativen und die Stadtverwaltung beteiligt, auch die Hoffnungstaler Stiftung Lobetal. Auf der Agenda stehen Themen wie das nächste Kulturfest oder Sportfest – natürlich barrierefrei und inklusiv gestaltet. Im Blick ist jetzt schon die Vorbereitung des Internationalen Protesttages für Barrierefreiheit im Mai 2024.

Selbstverständlich ist in diesem Netzwerk auch Karsten Becker aktiv, ebenso wie Friederike Franz. Sie ist ebenfalls Leistungsberechtigte und davon überzeugt, dass es viele gute Gründe für ein stärkeres Engagement rund um das Themenfeld Inklusion gibt.

Friederike Franz ist davon überzeugt, dass es viele gute Gründe für ein stärkeres Engagement rund um das Themenfeld Inklusion gibt.
Friederike Franz ist davon überzeugt, dass es viele gute Gründe für ein stärkeres Engagement rund um das Themenfeld Inklusion gibt.

Unabhängig vom Aussehen, einer Sprache oder einer Behinderung sollte jede und jeder ganz selbstverständlich dabei sein können, findet sie. Auch bei ihr hatte der Bezugsbetreuer die Idee, zu fragen, ob sie ihre Stärken in das Netzwerk einbringen möchte. Das ist zwei Jahre her. Jetzt ist sie dort Expertin mit eigener Erfahrung. Sie sagt: „Es braucht das politische Engagement. Es gibt viel zu tun. Wir müssen uns bemerkbar machen und uns einbringen.“ Einen Erfolg konnten die Beiden schon verbuchen, nämlich, dass auch Menschen mit psychischer Erkrankung im LIVE Programm aufgenommen werden. „Die Zeiten, in denen man uns wegsperrte, sind vorbei“, gibt sie sich kämpferisch und ist bereit, sich einzumischen, um Inklusion voranzubringen. Wo es nur geht.

Wolfgang Kern

29. September 2023